Meer geht immer
Ich hinke hinterher mit meinem Tagebuch.
Ich bin (das war am Dienstag) seit 10 Uhr morgens in Kühlungsborn.
Bin heute früh mit dem Bus gekommen und als ich auf dem Weg zum Boot das erste Stück Meer erhaschthatte, hatte ich fast Tränen in den Augen.
Was haben wir doch für ein Glück!
Der Krebs hat nur insofern damit zu tun, dass er es mir noch mal voller Deutlichkeit bewusst macht.
Ich habe Glück und ausreichend materielle Möglichkeiten, ein Boot hier im Hafen liegen zu haben. Und ich empfinde es sogar als sehr großes Glück, an der Ostsee zu leben, wo wir keine Ebbe und Flut haben… hihi… Ansonsten muss man immer so lange auf das Wasser warten oder durch das Watt waten. 🙂
Wir haben solch ein Glück, so völlig unbeschwert an den Strand zu gehen und durch die Welt reisen zu können. Das wird mir angesichts der Informationen über die Welt- und Deutschlandpolitik immer bewußter. Auch das Buch von Angelika Schrobsdorff „Du bist nicht so wie andre Mütter“ (Zeit des 1. und 2. Weltkrieges) hat dazu beigetragen. Die Dankbarkeit darüber kann gar nicht groß genug sein….
Wir haben Glück, nicht in Angst und Schrecken leben zu müssen.
Das gehört zu dem obigen. Obwohl dazu nicht mal Krieg nötig ist.
Ich habe Glück, auf meinen eigenen Beinen diese Reise zu machen. Ich fühle mich ja wohl, gut gelaunt, kräftig und gesund. Gerade sind 10 Tage die Behandlungen vorbei und die Nebenwirkungen sind so gut wie abgeklungen. Und überhaupt: Unser Körper ist schon ein Wunderwerk.
An dieser Stelle meine berühmte Frage: „Wann hast Du das letzte Mal liebevoll an die Hinterseite Deines Oberschenkels gedacht?“ (Freue mich auf Kommentare 🙂 )
Ich habe Glück, dass das LEBEN mich trägt.
Meer geht immer…. Es ist wirklich mein Zuhause….zumindest für JETZT.
Ich war ja jetzt 4 Tage in Rostock (und gerade bin ich es wieder) und dort läuft wirklich ein ganz anderer Film ab.
Irgendwas ist immer zu tun, zu erledigen und überhaupt….
Am Wochenende waren wir auf 2 Geburtstagspartys. Ich mag wieder mit Menschen zusammen sein!
Am Samstag bei einer Freundin, die daraus eine LEBENSparty gemacht hat.
Ihr Mann und damit die ganze Familie haben auch gerade eine Krebsbehandlung durchgestanden.
Die Timskis waren dabei und haben damit auch lebensfrohe Stimmung in die Runde gezaubert.
Und am Sonntag waren wir in Hamburg zu Rikes 30. Geburtstag.
Die Krise, die ich prophezeit hatte (Ich hab kein Problem 50 zu werden, aber wenn meine Töchter 30 werden…) , ist ausgeblieben. 🙂 Es war sehr schön, dort in großer Familie zusammen zu sitzen. Rike hatte sogar einen gluten-, lactose- und zuckerfreien Kuchen für mich gebacken. Wie toll!
Die Therapie ist nun gerade 14 Tage her und mir geht es recht gut.
Durchfall hat sich schon schnell verabschiedet, ich habe besten Stuhlgang 🙂 und auch die Bestrahlungsfolgen an Po und Scheide sind auch so gut wie verheilt.
Wenn ich meinen Umgang mit der Krebserkrankung beschreiben sollte, so würde ich sagen, er bekommt gar keine Aufmerksamkeit. Oder nur soviel, wie nötig. Ansonsten bin ich mit dem JETZT und dem LEBEN beschäftigt. Trotz meiner Gewichtsabnahme bekomme ich Rückmeldungen, wie gut und erholt ich aussehe. Entspannung und Wohlbefinden scheinen mehr Einfluss auf die Ausstrahlung zu haben, als ein paar Kilos mehr oder weniger.
Ja, Du siehst sehr gut und erholt aus. Auch mit ein paar Kilos weniger…
Es ist schön, zu sehen, wie Du das Leben genießt, mit dem Leben zurecht kommst, es annehmen kannst, Dich auf „Dein“ Leben einlässt.
Ich bin so froh, Dich so zu sehen und zu erleben. Mach weiter so – und irgendwann, wenn Du die Füße und Hände nicht mehr still halten kannst und den Arbeitskram brauchst, wirst Du auch wieder auf dieser Plattform präsent sein. Bis dahin genieße, genieße, genieße…
Liebe Grüße Elke
Liebe Elke,
danke für Deine lieben Worte.
Ja, das LEBEN kennt keine Generalprobe.
Also leben wir!
Wir sehen uns in einem Augenblick!
Alles Liebe Susanne