Total ausgebremst

Total ausgebremst

21. Oktober 2024 0 Von susanne

Wenn ich meinen letzten Artikel heute lese, frage ich mich, was ein Mensch alles aushalten kann.

Mitte August begannen Schmerzen in meinem Unterschenkel links. Zuerst dachte ich nur an eine Prellung, die ja sowieso sehr schmerzhaft sein kann an dieser Stelle. Aber es hörte nicht auf, verstärkte sich, es kam eine Schwellung dazu und Hitze…. Entzündung? Ich hab gekühlt, Antibiotika genommen, und die Spaziergänge mit den Hunden wurden immer kürzer. Über Wochen hab ich das beobachtet und irgendwie selbst mein Medizinergeist konnte sich zwischen den verschiedenen vermuteten Diagnosen nicht entscheiden. Schwellung und Hitze nahmen zu….Schmerzen….

Nach rund 6 Wochen wollte an einem Montag ich zu „meinem“ Doktor gehen und es abklären lassen: Blutwerte, Ultraschall, Röntgen. Am Sonntag davor waren Freunde da und wir fuhren an einen besonderen Strand und dann zum Essen nach Paje. Auf dem Rückweg wollte ich nur ins Auto einsteigen und hatte plötzlich das Gefühl, mir würde jemand mit dem Baseballschläger vors Schienbein hauen. Aber da war kein Baseballschläger…nichts. Das Schienbein links war gebrochen!!!
Unglaubliche Schmerzen….
Der Bruch war mir zuvorgekommen!

Unterschenkelfraktur

Wir fuhren sofort zum Hospital, geröntgt: Spiralbruch. Eingegipst, Schmerzmittel und nach Hause. Nachts nochmal zurück, weil er zu eng war: Aufgeschnitten.
Nach Rücksprache mit meinem deutschen Chirurgen-Freund meinte er: „Mädchen, das musst Du operieren lassen!“ Und er machte mir Mut. Für mich nach wie vor die grausigste Vorstellung, Sansibar verlassen zu müssen. Wir fanden noch am Montag einen Orthopäden in Town, der dieses operieren konnte. Und so lag ich schon am Montagabend auf dem OP-Tisch und bekam in Spinalanästhesie einen Nagel in den Knochen gehämmert. Hugo war die ganze Zeit an meiner Seite und konnte auch im Zimmer bei mir in seinem Bett schlafen. (Berichte über das sansibarische Gesundheitswesen wären auch noch mal spannend… vielleicht später.)

Erst zwei Tage später konnte ich einem anderen Doktor die „Vorgeschichte“ (s.o.) klarmachen. So kam ich am Abend noch mal auf den OP-Tisch und es wurde eine Probe entnommen. Er meinte am Tag darauf, da wäre kein Eiter, keine Entzündung, nur Hämatom. Die Schmerzen waren jedoch die gleichen wie bevor. Wir wurden nach 3 Nächten entlassen und fuhren nach Hause. Ein neues Leben im Rollstuhl beginnt für mich. Hugo gibt sein Bestes, sich um mich zu kümmern und wir kämpfen uns durch die Tage und ich heule mich durch die Nächte. Die Nächte sind die Hölle mit den Schmerzen und ich finde keinen Schlaf. Es bringt mich an den Rand meiner Kraft und meiner Motivation zum Leben.

Neuanfang

Kurz und gut, ich könnte jetzt weiter rumjammern. Inzwischen sind 3 Wochen nach der OP vergangen. Zwei Mal war eine Physiotherapeutin da, ich bin schon an Stützen gelaufen. Aber es wurde immer wieder viel schlimmer. Schmerztabletten, Antithrombosemittel, Antibiotika… mein Magen mag auch nicht und streikt. Letzte Woche sind wir dann noch 2x nach Town zum Hospital gefahren zum Ultraschall und CT-Scan. Keine eindeutigen Aussagen: Infektion? Abzess? Metastasen?

Ein Orthopäde dort riet mir, das Bein doch noch mal mehr zu schonen, damit der Bruch zur Ruhe kommen kann, viel kühlen und Antibiotika. So bin ich jetzt am 3. Tag RUHE angelangt und auch wenn die Symptome noch nicht viel besser sind, fühle ich mich gerade irgendwie BESSER. So besser, dass ich diesen Artikel schreiben kann. Das war die letzten Wochen nicht möglich. Keine Lust, keine Kraft, keine Motivation. Und ich habe auch wieder die Motivation, mehr für mich zu sorgen, auch mit Vitaminen und Nahrungsergänzungsmittel und den guten Sachen, die die Natur uns hier schenkt.

Vielleicht war diese Fraktur jetzt „nötig“, um uns (beide) mal endgültig auszubremsen und 5 Gänge zurückzuschalten. Wir haben so viel geleistet in den letzten Jahren. Und ich habe das Gefühl von einem NEUANFANG.

Ich habe sehr viel Unterstützung erfahren dürfen, von Hugo, von meinen Töchtern, von Freunden vor Ort oder aus unserer telegram-Gruppe. Danke für alle Genesungswünsche, Therapiestrategien, Zaubersprüche und mentale und spirituelle Unterstützung. Selbst unser Hund gibt sein Bestes, mich zu heilen.
In allem steckt so viel Liebe, dass es mich immer wieder zu Tränen rührt.

Wenn ich das überstehe, werde ich 106 Jahre alt! 🙂